«Unsicherheit und Angst sind die Brücke zu einer anderen Art von Sicherheit. Zerbrich Dir in dieser Zeit nicht den Kopf, wohin Dein Weg gehen könnte. Der Verstand kann es nicht wissen. Aber Dein Herz weiss es schon lange. Vertraue auf die Führung Deines Herzens und sage in aller Demut: «Ich vertraue jetzt der Führung meines Herzens, der Führung der Liebe.»» Dieses Zitat steht heute im Sprüchekalender von Robert Betz und hat mich zum Nachdenken gebracht.
Momentan begegnet mir dieses Thema auf verschiedene Weise und daher möchte ich mich heute einmal etwas näher damit auseinandersetzen. Was ist eigentlich Sicherheit und gibt es die überhaupt in diesem Leben? Auf der Suche nach einer Definition fand ich bei Google verschiedene Beschreibungen. Nach dem Wörterbuch (Oxford Languages) ist Sicherheit ein Zustand des Sicherseins, Geschütztseins vor Gefahr oder Schaden, also ein höchstmögliches Freisein von Gefährdungen. Es kann auch durch Gewissheit oder Bestimmtheit ersetzt werden. Auf Wikipedia bezeichnet Sicherheit den Zustand, der für Individuen, Gemeinschaften sowie andere Lebewesen, Objekte, Systeme frei von unvertretbaren Risiken ist oder als gefahrenfrei angesehen wird. Also auch der Schutz vor oder Widerstandfähigkeit gegen potenziellen Schaden (oder anderen unerwünschten Zwang).
Sicherheit ist ein Grundbedürfnis von uns Menschen und es gibt viel Werbung, die uns genau diese suggerieren möchte. Wenn wir doch nur diese Automarke kaufen, dann sind wir sicher im Strassenverkehr unterwegs und mit dieser Jacke sind wir sicher vor Kälte oder Nässe und so weiter. Versicherungsvertreter nutzen dieses Wissen, um uns allerlei Versicherungen anzudrehen. Im Wort Versicherung ist die Sicherheit (also sicher) quasi schon mit drin. In unserer Gesellschaft ist es üblich, alles zu versichern, was irgendwie das Gefühl vermitteln kann, damit gegen potenziellen Schaden geschützt zu sein. Man kann sogar eine Lebensversicherung abschliessen, was im eigentlichen Sinne des Wortes ziemlich absurd ist, denn das Leben als solches kann niemals gesichert / versichert werden. Wir alle wissen, dass unser Leben zeitlich begrenzt ist und dass wir nie wissen, wie lange dieses dauert und auch das investierte Geld ist niemals ganz sicher, da es stets an Wert verlieren kann. Sollte die ganze Wirtschaft zusammenbrechen, kann ich mir mit Geld auch nichts mehr kaufen.
Beim Thema Sicherheit kommt mir auch das Lied von Silbermond in den Sinn mit den Zeilen:
«Gib mir n`kleines bisschen Sicherheit
in einer Welt in der nichts sicher scheint.
Gib mir in dieser schnellen Zeit irgendwas das bleibt.
Gib mir einfach nur n`bisschen Halt
und wieg mich einfach nur in Sicherheit.
Hol mich aus dieser schnellen Zeit
Nimm mir ein bisschen Geschwindigkeit
Gib mir was, irgendwas, das bleibt.»
Die Frage ist nun, inwiefern dies möglich ist. Kann ich jemandem Sicherheit geben? Kann ich ein gewisses Gefühl von Sicherheit erlangen und wie gehe ich dafür vor?
Tatsächlich kenne ich dieses Bedürfnis nach Sicherheit sehr gut und habe die Sicherheit auch lange im aussen gesucht. In einem Kurs, den ich besucht habe, hatten wir die Aufgabe, Schlüsselbegriffe zu notieren in die Form eines Puzzles. In jedes Teil einen Begriff, der uns und unser Leben ausmacht, also sehr wichtig ist für uns. Dies habe ich zuerst einmal intuitiv gemacht. Später habe ich die Begriffe dann noch einmal reflektiert und abgeändert. Tatsächlich hatte ich das Wort «Sicherheit» notiert. Bei der Reflexion ist mir dann bewusst geworden, dass es diese aus oben genannten Gründen niemals ganz geben kann. Daher habe ich ihn durch «Vertrauen» ersetzt. Durch mein Vertrauen ins Leben und in die geistige Welt, jedoch auch in mich kann ich damit leben, dass nichts jemals wirklich sicher ist. Mein Puzzle besteht also momentan aus Freiheit, Spontanität, Kreativität, Leidenschaft, Liebe, Mut, Intuition, Vertrauen und Dankbarkeit. Damit sind jedoch die Fragen von zuvor noch nicht beantwortet.
Ich denke sehr wohl, dass wir einander ein Stück Sicherheit geben können. Wir können füreinander da sein, auch wenn es schwierig oder unangenehm wird, einander zuhören, einander in den Arm nehmen und einander begleiten. Dazu braucht es eine gewisse Verbindlichkeit und die feste Absicht, dies zu gewährleisten. Trotzdem ist natürlich auch diese Sicherheit relativ und gerade für Personen, die in der Vergangenheit schwierige Bindungserfahrungen gemacht haben, schwierig anzunehmen. Zudem können wir anderen nur dann Sicherheit geben, wenn wir selbst zumindest ein wenig davon in uns haben. Wichtig finde ich dabei auch, dass wir uns nicht nur auf die Sicherheit von anderen und von aussen verlassen, da diese nicht immerwährend sein wird. Ariadne von Schirach beschreibt dies in ihrem Buch «Glücksversuche» wie folgt: «Je vielfältiger unsere Beziehungen zu unseren Mitmenschen sind, desto weniger sind wir auf die Gunst des Einzelnen angewiesen. Das steht keinesfalls im Widerspruch zu zwischenmenschlicher Verbindlichkeit, es gibt ihr nur einen schönen Rahmen: freiwillige Zuneigung statt hungriger Bedürftigkeit.»
Gerade war ich mit meinem Hund draussen und durfte ihm bewusst in einer, für ihn unsicheren Situation Sicherheit vermitteln. Das ist ein schönes Gefühl und so wertvoll. Er hat Angst in der Dunkelheit und zog zurück, als ich mit ihm aus dem Licht der Strassenlaternen gehen wollte. Daher habe ich meine Lampe angemacht, die ich ums Handgelenk trug. Er schaute mich an, suchte Sicherheit in meinem Blick und kam dann ohne zu zögern mit mir (und der Lampe) in die Dunkelheit.
Es gibt vieles, was uns im Aussen vermeintliche Sicherheit gibt. Ein gutes Beispiel ist Geld. Da ich weiss, wie es ist, kein Geld zu haben und unter Existenzängsten zu leiden, kann ich dazu sagen, dass die Sicherheit, die uns Geld geben kann, erheblich zur Lebensqualität beitragen kann. Nur möchte ich auch dazu sagen, dass man mit Geld weder Gesundheit (Solche Situationen habe ich im Beruf schon mehrfach erlebt.), noch Sicherheit (Die beste Versicherung nützt nichts, wenn sie Konkurs geht oder wenn der Schaden grösser ist als die Versicherungssumme etc.) kaufen kann.
Ich komme daher wieder einmal mehr darauf zurück, dass die einzige Sicherheit im Leben die ist, dass nichts so bleibt wie es ist. Wenn ich also ein ganz starkes Bedürfnis nach Sicherheit habe, macht es Sinn, mich damit auseinanderzusetzen und mich darin zu üben, die Sicherheit in mir selbst zu finden. Wenn ich nämlich in mir selbst sicher bin, können mich die Veränderungen in der Aussenwelt niemals mehr so tief erschüttern wie zuvor. Ein Glaube kann beispielsweise auch stark helfen, Sicherheit zu erlangen. Jedoch nur dann, wenn ich diesen tief in mir selbst verankere und nicht von einem anderen (Guru etc.) abhängig mache.
Grundsätzlich lebe ich hier in der Schweiz in einem sehr sicheren Land. Jedoch kann auch hier ganz vieles passieren. Denken wir doch einmal kurz zurück an die Corona-Zeit und nein, ich möchte auf keinen Fall eine Diskussion dazu entfachen oder mich irgendwie sonst äussern. Jedoch war plötzlich so einiges nicht mehr möglich und die Sicherheit von vielen Selbständigen und auch von Arbeitnehmern ist weggebrochen. Es ging sogar so weit, dass viele nicht mehr wussten, wie es weitergehen wird, ob man gewisse Dinge noch irgendwo kaufen kann und ob man diese Zeit überleben wird. Ein weiteres Beispiel aus der Schweiz ist auch der Bergsturz, welcher im Mai das Dorf Blatten unter sich begraben hat. In anderen Ländern sind solche Unsicherheiten an der Tagesordnung und das beeinflusst auch das Gesellschaftsempfinden von Sicherheit erheblich.
Natürlich macht es keinen Sinn, sich ständig vor Augen zu halten, wie unsicher das Leben ist. Das wäre fatal. Ich bevorzuge es daher, dankbar zu sein für das, was ich habe und was mir das Gefühl von Sicherheit gibt. Ich empfehle jedoch jedem von euch, gewisse selbstverständliche Sicherheiten zu hinterfragen, um herauszufinden, was für euch persönlich stimmig ist. Beispielsweise erlebe ich sehr oft, dass Leute bis zur Pensionierung total hart arbeiten und sich kaum etwas gönnen, um dann im Alter abgesichert zu sein. Kurz vor oder nach der Pensionierung erkranken sie dann schwer und liegen bei mir auf der Station. Wo ist nun ihre Absicherung?
Bei fast jedem elektronischen Gegenstand, den ich heutzutage kaufe, kann ich noch eine Garantieverlängerung ( Garantie ist ebenfalls ein anderes Wort für Sicherheit.) beantragen und noch einmal etwas mehr bezahlen. Dazu kann ich nur sagen, dass ein Laptop, der zwei Jahre einwandfrei funktioniert, mit grösster Wahrscheinlichkeit auch weitere zwei Jahre ohne Probleme laufen wird. Ein Produktionsfehler hätte sich bereits in den ersten zwei Jahren gezeigt. Ich kann meine Reise doppelt und dreifach absichern oder gar nicht mehr verreisen, um im sicheren Land zu bleiben. Die Frage ist nur immer, wo man seine Prioritäten setzt und was einem persönlich angemessen erscheint. Ich bin sehr dafür, gewisse Sicherheitsstandards zu befolgen, wie beispielsweise einen Helm zu tragen. Dies tut nicht weh und kann schlimme Folgen bei einem Sturz definitiv abschwächen oder gar verhindern. Trotzdem rate ich jedem von euch, auch einmal etwas zu wagen, was ausserhalb der eigenen Komfortzone liegt und erst einmal als unsicher erscheint.
In der Vergangenheit habe ich einige Erfahrungen gemacht (sowohl im zwischenmenschlichen als auch im finanziellen oder allgemeinen Lebensbereich), die mir das Gefühl von Sicherheit, welches ich hatte, genommen haben und das alles hat mich zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Ich habe eine gewisse Sicherheit in mir selbst gefunden und lebe ziemlich gut mit dem Gedanken, dass nichts wirklich sicher ist. Wenn ich meine Sicherheit nicht nur auf einer Sache aufbaue, sondern mein Leben vielfältig bereichere, kann ich auch besser damit umgehen, wenn etwas davon wegbricht.
Als Abschluss möchte ich gerne noch einmal Ariadne von Schirach aus dem Buch Glücksversuche zitieren. «Denn jeder kennt den Schmerz des Verlustes, vom Verschusseln geschätzter Gegenstände über das Zu-Ende-Gehen schöner Zeiten bis hin zu Liebesleid und Tod. Diese Unvermeidlichkeiten einzukalkulieren heisst, die Tragik unserer Existenz ernst zu nehmen und uns bestmöglich dagegen zu wappnen. Das kann bedeuten, von einer Sache gleich zwei zu erwerben. Viel Zeit mit lieben alten Menschen zu verbringen. Fotos von den schönen Zeiten zu machen. Und das eigene Leben mit so vielen unterschiedlichen Rollen und Formen von Freundschaft und Zuneigung anzufüllen wie nur möglich. Denn eines ist sicher: Das nächste Unglück kommt bestimmt.» Ich finde, das hat so viel Wahres und gerade diese Tatsache kann uns dabei helfen, möglichst viel aus unserer Zeit herauszuholen und gute Zeiten zu nutzen. Diese wiederum fördern meiner Ansicht nach das Gefühl von Sicherheit und Erinnerungen kann mir niemand mehr wegnehmen.
Ich hoffe, ich konnte euch mit diesem Text, der bestimmt einige Facetten von Sicherheit beleuchtet, etwas zum Nachdenken mit auf den Weg geben und freue mich von euch zu lesen oder zu hören, was euch im Leben Sicherheit gibt und was ihr zu diesem Thema denkt.
Herzliche Grüsse
Nicole
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