Wow. Erst einmal vielen Dank für die vielen positiven, ermutigenden Reaktionen auf meinen ersten Blogbeitrag. Ich habe mich wirklich sehr darüber gefreut und bin weiterhin offen für Kommentare, Nachrichten, Anmerkungen und auch konstruktive Kritik zu meiner Seite und den behandelten Themen. Heute möchte ich mich gerne dem Titel meiner Seite „authentisch leben“ widmen. Wie ich nämlich herausfinden durfte, ist dieser alles andere als selbsterklärend.
Das Wort „Authentizität“ stammt aus dem Griechischen (authentikós) und bedeutet Echtheit im Sinne von Ursprünglichkeit. Psychologisch gesehen bedeutet es, sich gemäss dem „wahren Selbst“ auszudrücken, im Einklang zu sein mit seinen Gedanken, Emotionen, Werten und Überzeugungen und entsprechend zu handeln. So weit, so gut. Wenn man nur schon diese kurze Definition aufmerksam liest, lässt sich feststellen, dass dies gar nicht so einfach ist. Was ist denn mein wahres Selbst? Worum drehen sich meine Gedanken? Möchte ich wirklich im Einklang mit ihnen handeln? Wie könnte sich das Handeln nach meinen Emotionen für mein Umfeld auswirken? Welche Werte habe ich und sind mir diese immer selbst bewusst? Die Liste dieser Fragen könnte ich noch beliebig ergänzen, umso tiefer ich mich mit der Materie befasse.
Natürlich kann sich nur jeder selbst diese Fragen beantworten. Ich möchte euch jedoch gerne etwas mehr darüber erzählen, was Authentizität für mich und mein Leben bedeutet und was meiner Meinung nach alles damit zusammenhängt. Je älter ich werde, desto wichtiger wird mir persönlich Authentizität. Dies nicht nur bei mir selbst, sondern auch bei den Menschen, mit denen ich mich umgebe. Dies hat mit meiner Geschichte zu tun und damit, dass ich selbst lange eben so gar nicht nach meiner eigenen Wahrheit gelebt - ja, sie nicht einmal gekannt habe.
Woran lag das? Einerseits habe ich schon früh angefangen, mich meinem Umfeld anzupassen. Ich bin sehr feinfühlig und habe schon die kleinsten Unstimmigkeiten wahrgenommen. Das hat dazu geführt, dass ich niemandem zur Last fallen wollte und viele Reaktionen oder Stimmungen auf mich bezogen habe, die im Nachhinein betrachtet, oft nichts mit mir zu tun hatten. Ich hatte also gelernt, mich anzugleichen und dadurch oft selbst nicht ganz genau gewusst, was ich wirklich wollte. Im jungen Erwachsenenalter hat mir dieser Zustand viel Kummer bereitet. Ich hatte keine Ahnung, wie ich denn überhaupt herausfinden sollte, wer ich bin und was mir gefällt. Zum Glück galt dies nicht für alle Lebensbereiche. Beruflich hatte ich schon sehr früh ganz klare Ziele und Visionen, von denen ich schon einige erreichen durfte. Andererseits habe ich in meiner Schulzeit viel Ausgrenzung und Mobbing erlebt, weswegen ich der festen Überzeugung war, weniger wert zu sein als andere und so wie ich bin, nicht zu genügen. Diese Einstellung wiederum hat noch mehr dazu geführt, dass ich mich wie ein Fähnchen dem Wind, anderen angepasst habe, um gemocht und auch gebraucht zu werden. Immer wieder habe ich mich mit Menschen umgeben, deren Wert ich über meinen eigenen gestellt hatte. Dabei habe ich mich jeweils stark in ihre Lebenswelten begeben und Gewohnheiten und Vorlieben so quasi mit übernommen. Natürlich hatte ich auch meine Eigenheiten, jedoch zu vielen Themen keine wirkliche Meinung. Ganz schwierig wurde es für mich, wenn sich dann jeweils unsere Lebenswege getrennt haben, also Personen aus meinem Leben gegangen sind.
Ich konnte mein Leben immer eigenständig leben mit Haushaltsführung, Wohnen, Bürokram und der Arbeit, jedoch fühlte ich mich dabei schon sehr allein und wusste nicht, was ich mit meiner Zeit anfangen sollte. Dieser Kreislauf hat sich oft wiederholt und hat dann in der endgültigen Trennung, nach einer sehr ungesunden Ehe, gemündet. Ich habe in den ganzen Jahren verschiedenste Wege (Kurse, Bücher, Sitzungen mit unterschiedlichen Personen, Therapie, Gespräche, Übungen etc.) eingeschlagen, um mich selbst besser kennenzulernen, habe die Beziehung zu mir jedoch leider im engen Zusammensein mit anderen jeweils grösstenteils wieder verloren. Was hat dies nun mit Authentizität zu tun?
Meiner Ansicht nach muss man sich selbst zuerst einmal gut kennen, um authentisch sein zu können. Es braucht auch ein gewisses Selbstbewusstsein (sich seiner selbst bewusst sein –seine Stärken, Schwächen und Vorlieben kennen) und einen gesunden Selbstwert dafür. Dies sind Dinge, die man, je nach Geschichte, Erziehung und Lebensweg von der Kindheit an haben kann, sich jedoch auch später noch aneignen und erlernen kann. Um bereit zu sein, dies anzugehen, braucht es das Gefühl von Selbstwirksamkeit (überzeugt zu sein, etwas bewirken / verändern zu können im Leben), Mut und den Willen dazu. Für mich persönlich ist dieser Prozess niemals ganz abgeschlossen. Ich lerne immer mehr, auf mich und meine innere Stimme / meine Seele zu hören. Mittlerweile durfte ich ins Vertrauen kommen, dass ich diese Beziehung zu mir selbst in der Verbindung mit anderen nicht mehr verliere.
Beim Thema Gedanken finde ich wichtig, dass ich mir selbst nicht immer glauben darf, was ich denke. Wie wir alle, habe auch ich gewisse ungesunde Glaubenssätze, welche mich noch immer in meinem Leben einschränken. Ich arbeite schon länger daran und trotzdem sind einige davon total hartnäckig. Daher würde ich nur bedingt zustimmen, dass Authentizität mit dem Handeln nach den eigenen Gedanken übereinstimmt. Ich versuche bewusst, immer wieder meine eigenen Begrenzungen zu überschreiten und dadurch weiterzukommen. Für mich persönlich schliesst Authentizität das Handeln ausserhalb der eigenen Komfortzone nicht aus. Ich kann ja nur dann wirklich erfahren, was zu mir passt und wer ich bin, wenn ich auch Neues ausprobiere und Wagnisse eingehe. Auch bezüglich dem Handeln nach den Emotionen, wie es in der Definition geschrieben steht, habe ich Vorbehalte. Eine ganz wichtige Eigenschaft ist meiner Ansicht nach die Selbstregulation. Wie dies gelingen kann und was dazu alles notwendig ist, kann ich gerne in einer anderen Folge näher erläutern. Jedenfalls könnte man nach der obengenannten Definition von Authentizität meinen, dass man beispielsweise seiner Wut jederzeit Luft machen soll, um authentisch zu sein und wer möchte schon so jemanden in seinem Umfeld haben?
Für mich bedeutet das authentische Leben also in erster Linie, sich selbst besser kennenzulernen, um sich auch im Kontakt mit anderen treu zu bleiben. Dazu gehört ebenfalls, zu seinen eigenen Fehlern und Macken zu stehen. Wir sind alle Menschen und niemand ist perfekt. Indem ich also die Beziehung zu mir selbst intensiviere, kann ich automatisch auch andere besser verstehen und einen Grund in deren Verhalten sehen, ohne dies direkt mit mir in Verbindung zu bringen. Ich kann also authentisch sein und Entscheidungen trotzdem mit meinem Gegenüber abstimmen, Rücksicht nehmen und gegebenenfalls Kompromisse eingehen. Und gerade weil ich authentisch bin, kann ich Fehler machen, auch einmal unauthentisch sein oder handeln, Krisenzeiten durchleben und Veränderungsprozesse angehen, was alles meine Selbsterkenntnis im Endeffekt wieder erweitert. Dazu kommt, dass ich nicht zu allen Themen eine Meinung oder ein Wissen haben muss. Ich kann mittlerweile sehr gut sagen, dass ich etwas nicht kenne oder nicht weiss, was ich früher oft als Versagen meinerseits empfunden habe. Es gibt sogar einige Themenfelder und Geschehnisse, mit denen ich mich bewusst nicht beschäftige, um ihnen nicht noch mehr Energie einzuräumen.
Was meine ich nun damit, dass ich auch in meinem Umfeld Wert darauf lege? In meiner Vergangenheit habe ich viele Halb- und Unwahrheiten hingenommen und es kam so weit, dass ich meiner eigenen Intuition und meinem eigenen Erleben keinen Glauben mehr schenken konnte. Durch diese Erfahrungen, die ich hier nicht näher erläutern möchte, kann ich mittlerweile ganz schlecht mit Lügen umgehen. Ich spüre sofort, wenn etwas im Verhalten oder in den Aussagen einer Person nicht mit ihrem Inneren übereinstimmt. Dabei meine ich die grossen Sachen / Werte / Überzeugungen und spreche nicht von kleinen Höflichkeits- oder Notlügen. Zum Bereich der Lügen gehört für mich auch das Verstellen, also das Aufsetzen einer unsichtbaren Maske. Auch dazu könnte ich noch ganz viel schreiben, da dies ja manchmal als Selbstschutz auch etwas Hilfreiches sein kann. Ich überlasse die weiteren Ausführungen jedoch gerne eurer Fantasie.
Abschliessend darf ich noch erzählen, dass ich mich immer mehr selbst finde, die und mich nun auch in der Lage dazu sehe, andere auf diesem Weg hin zu sich selbst, zu begleiten Ein erster Schritt dazu ist dieser Blog und nun wisst ihr auch, was für eine Geschichte hinter dessen Namen steht. Mir liegt es am Herzen, möglichst authentisch zu leben und auch ebensolche Beziehungen zu führen. Dabei empfinde ich es als wertvoll, wenn jeder sich selbst sein kann und gerade auch durch die Individualität eine verbindende Nähe entstehen darf.
Ich hoffe, ihr konntet etwas von meinen Ausführungen für euch mitnehmen und freue mich auf eure Rückmeldungen dazu. Ganz im Sinne der offenen Fehlerkultur habe ich übrigens bei der Bearbeitung dieses Blogbeitrags aus Versehen den Ersten gelöscht und leider auch eure Kommentare. Das hat mich gerade ziemlich ins Schwitzen gebracht und tut mir sehr leid, da ich mich wirklich total darüber gefreut hatte. Ich kann es nicht mehr rückgängig machen. Dafür habe ich nun wieder einiges über die Bearbeitung in diesem Programm gelernt. Nun wünsche ich euch eine schöne Woche.
Herzliche Grüsse
Nicole
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